Erste Hilfe Kurs - Pflicht oder freiwillig?

Erste-Hilfe im Unternehmen – Pflicht oder frewillig?

Ist man als Arbeitgeber gesetzlich verpflichtet, in seinem Betrieb ein Erste-Hilfe-Konzept zu haben und seine Mitarbeitenden in der Ersten Hilfe zu schulen? Ja und Nein – so viel sei somit schon mal verraten. Wie die Gesetzeslage aussieht und welche Betriebe welche Anforderungen erfüllen müssen, versuchen wir in diesem Artikel zu klären. 🤓

Zusammenfassung

Wie so oft, gibt es keine allgemeine Anweisung, wie die Notfallorganisation in einem Betrieb auszusehen hat. Faktoren wie die Grösse, örtliche Lage und die Gefahren des Betriebes bestimmen die Notfallmassnahmen eines Unternehmens. Auch hybride Arbeitsmodelle, bei welchen Mitarbeitenden von unterschiedlichen Orten aus ihrer Arbeit nachgehen, verkomplizieren diese Angelegenheit. Kurz zusammengefasst fordert das Arbeitsgesetz Folgendes:

  • ➡️ Jeder Betrieb muss sich so organisieren, dass bei Notfällen seinen Arbeitenden in der dafür nötigen Zeit geholfen werden kann.

  • ➡️ Entweder werden die Mitarbeitenden intern in einer genügenden Anzahl ausgebildet, oder aber er schliesst sich mit anderen Betrieben, Apotheken oder Arztpraxen in der Nachbarschaft zusammen.

  • ➡️ Das SECO empfiehlt pro Anzahl Mitarbeitenden pro Standort eine gewisse Anzahl Ersthelfer:innen auszubilden:

    • 1 bis 10 Mitarbeitenden, 1 bis 2 Ersthelfer:innen

    • 50 Mitarbeitenden, 6 Ersthelfer:innen

    • 100 Mitarbeitenden, 8 Ersthelfer:innen

    • 250 Mitarbeitenden, 10 Ersthelfer:innen

  • ➡️ Hauptziel ist es, dass bei einem Herz-Kreislaufstillstand in 3 Minuten jemand beim Patienten ist, der die Reanimation (CPR) vornehmen kann. Darüber hinaus ist die Erste Hilfe nach den vorhandenen Gefährdungen im Betrieb auszurichten.

Es steht also jedem Betrieb frei, wie er in Notfallsituationen vorgeht. Fakt ist: es muss geregelt sein.

💡 Sanio Empfehlung

Wir empfehlen, das Grundwissen der Ersten Hilfe bei möglichst vielen Mitarbeitenden zu verankern. Denn in Notfällen kann nie vorhergesagt werden, wer vor Ort sein wird. Wir sind überzeugt, dass dies am effektivsten gelingt, wenn die Kursdauer überschaubar bleibt. Dafür bieten wir individuell-gestaltbare Erste Hilfe Kurse nach SRC Guidelines (2 bis 7 Stunden) oder aber zertifizierte BLS AED SRC Kurse (2 oder 4 Stunden) an.

Komplettversion

Der Artikel 36 vom Arbeitsgesetz regelt die Vorgaben für Erste Hilfe in Betrieben wie folgt:

  1. Für die Erste Hilfe müssen entsprechend den Betriebsgefahren, der Grösse und der örtlichen Lage des Betriebs stets die erforderlichen Mittel verfügbar sein. Die Erste-Hilfe-Ausstattung muss gut erreichbar sein und überall dort aufbewahrt werden, wo die Arbeitsbedingungen dies erfordern.

  2. Nötigenfalls müssen zweckmässig gelegene und eingerichtete Sanitätsräume und im Sanitätsdienst ausgebildetes Personal zur Verfügung stehen. Die Sanitätsräume müssen mit Tragbahren leicht zugänglich sein.

  3. Die Sanitätsräume und die Aufbewahrungsstellen für die Erste-Hilfe-Ausstattung sind gut sichtbar zu kennzeichnen.

🤯 😵‍💫 Wie immer gibt es zu den kurzen interpretationsoffenen Gesetzesartikel eine detaillierte Erklärung dazu. In diesem Fall ist es die vom Staatssekretariat für Wirtschaft SECO erstellte Wegleitung.

Erste Hilfe: Begriffsklärung

Bevor wir die drei Absätze vom Gesetzesartikel aufschlüsseln, wollen wir klären, was unter Erste Hilfe eigentlich zu verstehen ist. Gemäss SECO wird Erste Hilfe als Hilfsmassnahmen und Anfangsbehandlungen bei einer akuten Erkrankung oder Verletzung definiert. «Darunter versteht man von jedermann durchzuführende Massnahmen, um menschliches Leben zu retten, bedrohende Gefahren oder Gesundheitsstörungen bis zum Eintreffen weiterer, professionell organisierter Hilfe (z.B. Rettungsdienst) abzuwenden oder zu mildern.

Dazu gehören insbesondere

  • ☎️ Alarmieren,

  • 🚧 Absicherung der Ereignisstelle und

  • ❤️‍🩹 Betreuung der hilfebedürftigen Person.»

Ersthelfer spielen eine entscheidende Rolle, wenn es darum geht, das Risiko von Verletzungen und Tod zu reduzieren. Als erstes Glied der Rettungskette sorgen sie für schnelle und angemessene Hilfe-Leistung, bevor medizinisches Fachpersonal am Unfallort eintrifft und die betroffene Person mit der nötigen medizinischen Nothilfe versorgt.

Rettungskette Erste Hilfe

Treten Notfälle ein, so kann eine fehlende oder falsche Erste Hilfe zu einer Verschlechterung des Zustands einer Person führen und somit das Risiko von Komplikationen und Tod erhöhen. Infolgedessen ist es gemäss SECO für jeden Arbeitgeber Pflicht, dass in seinem Betrieb Erste Hilfe korrekt geleistet wird. «Die Erste Hilfe ist zu allen Zeiten, in welchem im Betrieb gearbeitet wird, sicherzustellen. Bei zeitkritischen Notfällen muss Erste Hilfe unverzüglich geleistet werden können.»

Die zehn häufigsten und zeitkritischen medizinischen Notfälle der Allgemeinbevölkerung.

  1. Herz-/Kreislaufstillstand

  2. Herzinfarkt

  3. Schlaganfall

  4. Verletzung der Wirbelsäule

  5. Starke innere/äussere Blutung

  6. Krampfanfall

  7. Verlegung der Atemwege / Atemnot

  8. Gravierende Kreislauf-/Bewusstseinsstörung

  9. Schwerwiegende Verletzung der Haut/Schleimhäute (Verätzung, Verbrennung)

  10. Psychische Notfallsituation

Der Faktor Zeit spielt bei Notfällen eine lebenswichtige Rolle. Aus diesem Grund sollten gemäss SECO zu Betriebszeiten innert drei Minuten nach dem Ereignis Ersthelfer:innen am Ereignisort eintreffen. Der Betrieb stellt alle notwendigen Mittel selber zur Verfügung, oder er schliesst sich mit Nachbarbetrieben (wie bspw. Apotheken oder Arztpraxen) zusammen.

Erste Hilfe Konzept zwingend

Damit man dies gewährleisten kann, muss jeder Betrieb ein Erste Hilfe Konzept haben. Dieses muss die Faktoren wie den vorhandenen Gefährdungen im Betrieb, der Grösse und Anzahl Mitarbeitenden wie auch der Lage des Betriebs berücksichtigen. Im Erste Hilfe Konzept müssen die ersten drei Glieder der Rettungskette (Absichern/Eigenschutz, Alarmieren und die Basismassnahmen) abgedeckt werden. Zudem wird darin definiert, wie viele Mitarbeitende mit welcher Erste Hilfe Ausbildung ausgebildet werden und welche Aufgaben, Kompetenzen sowie Verantwortung diese Personen bezüglich der Erste Hilfe Organisation einnehmen.

Gefahren, Grösse und Lage des Betriebs

Für Betriebe mit besonderer Gefährdung und deren Vorgaben geben die Richtlinien 6508 des EKAS genauere Auskunft. Im Dokument Beizug von Arbeitsärzten und anderen Spezialisten der Arbeitssicherheit wird beschrieben, welche Betriebe ausgebildetes Fachpersonal beiziehen müssen, um den Schutz der Gesundheit und die Sicherheit der Arbeitnehmenden zu gewährleisten. Grob zusammengefasst gilt Folgendes: Betriebe mit besonderer Gefährdung unterliegen praktisch immer einer Beizugspflicht. Betriebe ohne besondere Gefährdung sind davon befreit.

Für alle Arbeitnehmer:innen innerhalb oder ausserhalb des Betriebs muss die Erste Hilfe und eine funktionierende Rettungskette sichergestellt sein. Egal, ob während oder ausserhalb der üblichen Arbeitszeiten und ob die Person innerhalb oder ausserhalb des Betriebs tätig ist (z.B. Aussendienst und Baustellen).

Die betrieblichen und örtlichen Gegebenheiten sowie die Gefährdungen bestimmen ebenfalls die Art, Qualität und der Umfang der Ausstattung für die Erste Hilfe.

Ausbildung der Ersthelfer:innen

Bei Betrieben ohne besondere Gefährdung gibt es keine Vorgaben über die Ausbildung der Ersthelfer:innen. Wichtig ist, dass die Ausbildung folgende Kompetenzen befähigen:

  • 🚦 Erkennen, Beurteilen und Priorisieren von Erste Hilfe Massnahmen gemäss Rettungskette

  • ❤️‍🩹 Durchführen lebensrettender Basismassnahmen BLS (Basic Life Support) bei Herzstillstand:

    • ❤️ Herz-Lungen-Wiederbelebung

    • ⚡️ Handhabung von Defibrillatoren AED (sofern ein AED-Gerät vorhanden)

  • 🤕 Behandeln von Bagatellverletzungen (z. B.Wundbehandlung)

  • ⛑️ Erkennen eigener Grenzen und Anforderung weiterer Hilfe

Zudem muss eine regelmässige Auffrischung vom Wissen über die Erste Hilfe gewährleistet sein. Bei Betrieben mit besonderer Gefährdung müssen die Betriebsgefahren, die Grösse und die örtliche Lage und den aktuellen Praxisstandard berücksichtigen.

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Links und Quellen

SECO: Wegleitung zur Verordnung 3 zum Arbeitsgesetz; 2. Kapitel: Besondere Anforderungen des Gesundheitsschutzes; 7. Abschnitt: Garderoben, Waschanlagen, Toiletten, Ess- und Aufenthaltsräume, Erste Hilfe; Art. 36 Erste Hilfe (Februar 2023)